Waldviertel und Irland

Vor kurzem entdeckte ich, dass eine Person A, wohnhaft in Brand (Bezirk Gmünd) und eine Person B, mit ähnlichen Interessen, wohnhaft in Zwettl den gleichen Namen haben. Da ja im Waldviertel jeder jeden kennt und die Hälfte dieser sich-Kenner dann noch irgendwie nah- oder weitschichtig miteinander verwandt ist, fragte ich ganz naiv meinen Mann (den ich im letzten Blog Herbert getauft habe): „Sind die zwei vielleicht miteinander verwandt?“
Herbert antwortete: „Nein, das geht nicht. Brand und Zwettl – das verträgt sich nicht.“
Ich entgegnete: „Vielleicht hat jemand bezirksübergreifend geheiratet. Selbst in Irland gab es zur Zeit des Bürgerkrieges doch auch Liebespaare zwischen Katholiken und Protestanten.“
Herbert winkte ab: „Ja, aber die sind auch alle geköpft worden. So ist es auch mit Brand und Zwettl.“

Bevor ich mein Studium abschloss, war ich 4 Monate in Irland auf Auslandssemester. Hätte ich nicht kurz davor diesen appetitlichen Waldviertler kennen gelernt, mit dem ich heute verheiratet bin, wäre ich vielleicht dorthin zurück gegangen und dort geblieben. Scheinbar habe ich eine Vorliebe für nördliche, mystisch angehauchte Gegenden, in denen man viele Erpfe sowie Fisch isst und Bier trinkt. Auch mochte ich die Leute in Irland sehr, so wie den gängigen Humor (manche sind wirklich genauso blöd-elnd wie ich).

Das folgende Video mit dem Titel How to Speak Irish ist die irische Version von meinem Blödelblog – ein hilfloser und sinnbefreiter Kultur-Vermittlungsversuch, der mehr der Ein-Bildung als der Bildung dient. In zwei Worten erklärt: Hier geht es um irischen Akzent, irische Erpfen und andere katastrophale Probleme:

Für alle, die kein Englisch sprechen oder das Video nicht verstehen und wissen wollen, was da geredet wird, habe hier ich den Inhalt auf Deutsch transkribiert. 
Für alle die Englische Untertitel wollen, können direkt zu YouTube wechseln und diese dort einstellen: Über die Einstellungen (Zahnrad) vom Video klicken - Untertitel auf Englisch stellen.


Wer am Schluss nix verstanden hat: Das ist normal!

In Irland gibt es in jedem County (Bezirk) einen eigenen Dialekt, so wie in Österreich. Die meisten versteht man als Zuagroaster nicht. Das gilt auch für Amerikaner, die mir immer gut zugeredet haben: „Mach dir nichts draus, sogar ich verstehe nicht immer alles.“

Wenn man nach Dublin kommt, wird man sich problemlos verständigen können. Wenn man nach Galway oder Cork kommt, ist es ähnlich, wie wenn man im Waldviertel im Wald spazieren geht und sich verläuft: Der Nebel wird immer dichter und man hat Angst, dass man nicht mehr herausfindet. Plötzlich trifft man ein verhutzeltes, altes Weibchen, das Reisig auf den Rücken gebunden hat. Sie spricht nicht, aber sie deutet mit einer Handbewegung an, dass du ihr folgen sollst. Sie führt dich wortlos aus dem Wald. Bevor du dich bedanken kannst, ist sie wieder im Nebel verschwunden. Du befindest dich jetzt in einem Dorf mit zwa Heiser und fünf Misthaufa (dt: zwei Häuser und 5 Misthaufen), das aber trotzdem ein Gasthaus besitzt.

Am Land ist es ja bekanntlich so:

1 Gasthaus im Dorf = Zivilisation
2 Gasthäuser in einem Dorf bedeuten ewigen Ruhm und Größe (außer eines oder beide sperren zu)

Du gehst in das Gasthaus rein, das noch nie einen Touristen gesehen hat. Der Wirt und die 3 Gäste am Einser-Tisch werfen dir einen komischen Blick zu. Als Zugroaste kennst du diesen Blick und weißt, was er bedeutet: Wer is des? Zu wem g’ert die? (Wer ist das und zu wem gehört die?) Du antwortest: „Ich komme vom Bierdeckl in Hinterholz 2.“ Dann nicken sie stumm mit dem Kopf. Obwohl du komisch g’schert redest wia a Weana wirken sie jetzt gelöster, weil sie dich wenigstens zu einem Bezirk und einem Namen zuordnen können. Da Hons vom Einser-Tisch hat nach seinen 5 Bier zum Frühstück gerade fest gestellt, dass du a fesches Mensch (dt. eine attraktive Frau) bist und quargelt dich dezent in feinstem Waldviertler Dialekt an. Du hörst nur Genuschel, verstehst nix, grinst verlegen und nickst unsicher mit dem Kopf.
So etwas Ähnliches kann dir auch in Irland passieren. Wenn die Iren dann drauf kommen, dass du nichts verstehst, werden sie in gequältem Dubliner Hoch-Englisch freundlich mit dir sprechen und derjenige am Tisch, der noch am nüchternsten ist, wird dich vielleicht sogar mit seinem Auto zurück in die Zivilisation führen.

In Irland wird kein Schremser oder Zwettler getrunken, sondern Guinness und andere Biere. Und eine weitere Spezialität ist wie bereits erwähnt Fisch. Wieder ähnlich wie im Waldviertel wo der Woidviertla Karpf eine Spezialität ist, nur dass die Iren einen größeren Teich mit viel Salz (genannt Meer) haben, wo sie die Fische fangen. Bei den Iren wird dann alles fritiert und dann kommt Fish and Chips raus (a bochana Fisch mit bochane Erpfe) – so wie in England.

Teilweise gibt es auch ähnliche Wörter: Im Waldviertlerischen gibt es ja das schöne Wort arschlings, was so viel bedeutet wie „rückwärts“. Das irische Pendant dazu ist arseways, was so viel bedeutet wie „etwas missverstanden haben, etwas ist in der falschen Position.“

So zum Abschluss gibt es wieder einmal Musik aus dem Radio Bierdeckl von einer sehr berühmten irischen Band, die sich der traditionellen Musik gewidmet hat: The Pogues mit dem Lied Dirty Old Town, gesungen vom schönsten Mann und Sänger Irlands. In diesem Traditional geht es inhaltlich natürlich um das kleine Dorf im Waldviertel, von dem ich weiter oben geschrieben habe:

 

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