Wir schreiben September 2020 – steigende Coronazahlen. Im Waldviertel sind wir zum Glück nicht so stark davon betroffen, da Rehe, Füchse, Kühe und Hendl’n keine Überträger von Covid19 sind. Und auch keine Risikopatienten. Die sind froh, dass nicht wieder BSE oder Vogelgrippe das Thema sind.
Vor kurzem musste ich an vor Covid19 Zeiten denken, als ich noch das eine oder andere Feuerwehrfest besuchte, um dort der tollen Musik zu lauschen. Damals hatte ich auch noch keine Kinder. Da ich selbst dunkelhaarig bin, fiel mir der große Anteil an blonden Kindern auf, die sich auf der Tanzfläche im südlichen Niederösterreich tummelten, um zu „Steirerman san very good“ zu tanzen. Ich sagte: „Hier in Niederösterreich gibt es aber viele blonde Kinder!“ Mein Stiefpapa antwortete: „Vielleicht ist der Postler blond!“
Zur Verteidigung des Briefträgers muss aber angemerkt werden, dass er jetzt seit Covid19 ganz besonders beschäftigt ist. Es wird ja bekanntlich sehr viel online bestellt. Da kommt der Postler nicht dazu, einsame Hausfrauen zu begatten!
Unsere jüngere Tochter – Chantal Celeste, mittlerweile auch schon wieder über ein Jahr alt – ist sich aber ihrer Herkunft nicht ganz sicher. Letztens saß ich mit ihr im Garten, in der Sandkiste. Der Postler kam mit seinem gelben Auto angefahren und warf ein paar Briefe in unseren immer überfüllten Briefkasten, den wir ständig vergessen auszuräumen. Sie zeigte mit dem Finger auf ihn und rief: „Papa!“ Ich rügte das Kind: „Hör‘ sofort auf solche Klischees zu verbreiten! Wir sind ein intellektueller Haushalt.“ Das Kind verstand natürlich sofort, verließ die Sandkiste und widmete sich wieder ihrer Enzyklopedie.
Und jetzt wos gonz onders!

Da wir Bierdeckls nicht nur besonders gefräßig, sondern auch sehr mutig (oder sogar übermütig) sind, habe ich mich trotz Corona-Virus selbstständig gemacht. Und wer im Woidviert’l a G’schäft moch’n wü, muss natürlich auch die zugehörige Businesssprache verstehen.
Ausdrücke, die man unbedinngt beherrschen sollte:
- Rahm o’schepf’n: Rahm (gemeint ist Schlagobers) steht hier symbolisch für Geld. Und das Verb „abschöpfen“ steht für „Einnehmen. Mit dieser Metapher bezeichnet man aber nicht normale Einkünfte, sondern ganz besonders hohe Einkünfte, die man durch Fleiß, Überstunden und geschicktes Effizienzdenken erwirtschaftet hat. Auch müssen dabei alle Möglichkeiten des Geldverdienens bezüglich des betreffenden Auftrages ausgeschöpft sein. Wenn ich mich also besonders anstrenge und dadurch eine Bonuszahlung oder Sonderprovision erhalte, dann hob i g’scheit Rahm o’gschepft.
- Die Butter auf’s Brot: Wenn ich mit Rahm o’schepf’n erfolgreich war und vielleicht noch dass eine oder andere „Schmankerl“ aus meinem Verdienst herausholen konnte – z. B. durch geschicktes Upselling ( = neudeutsch für: dem Deppaten mehr verkauf’n ois er eigentlich hom woillt) noch den einen oder anderen Tausender erwirtschaftet habe und mich ganz besonders darüber freue, dann ist das „die Butter auf’s Brot“.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass sich die Waldviertler Businesssprache wieder durch starken Bezug zum Essen kennzeichnet, bevorzugt aus der Milchwirtschaft. Ich hoffe, dass ich diese Ausdrücke auch für meine KollegInnen aus Wien verständlich erklären konnte. Man muss nicht Bauer werden, um Rahm o’schepf’n zu können und man verdient auch nicht mehr, wenn man den ganzen Tag im Müchheisl steht.
Und die Moral von der Geschichte: Der Postler kommt vielleicht nicht dazu, seinen Pflichten als Don Juan de Waldviertel nachzugehen, aber laut den Toten Hosen gibt es noch immer den Bofrostmann – seinen ebenbürtigen Vertreter: