Heute werde ich mich outen: Ich bin der österreichische Grinch des Halloween! Das geht schon auf meine Teenager-Jahre in Wien zurück.
Ich bin am Wilhelminenberg aufgewachsen, aber trotz allem mit der guten alten Tradition des Faschings-Gschnas, die mir immer viel lieber war, da sie nach dem Prinzip: So lange ich Lust auf Menschen habe bleibe ich dort und „waun’s mia reicht und’s kan Oimdudla mehr gibt, daun gemma wieda ham“ funktioniert.
(Dt.: …und es wenn es mir reicht und es keinen Almdudler gibt, dann gehen wir wieder heim.)
Doch eines Abends am 31. Oktober sollte sich mein Leben dahingehend ändern: Es läutete an der Glocke und ein paar Kinder schrien durch die Freisprechanlage: „Süßes oder Saures!“ Ich bediente mich in diesem Moment meines gesamten pubertären Charmes und schrie in die Freisprechanlage zurück: „In Österreich gibt’s kein Halloween!!!!“ und haute den Kindern den Hörer drauf. Aufgrund meiner nicht vorhandenen Halloween-Kooperationsbereitschaft, ernteten wir einen Schmuck von Klopapier auf unserem Gartentor.

Im Prinzip hätte ich den Kindern auch gar nichts Süßes geben können. Erstens waren wir ja noch nicht darauf vorbereitet, dass irgendwer plötzlich Halloween in Österreich einführt. Außerdem lebten wir damals als Haushalt von drei Frauen; und wie so üblich hatten zwei Drittel der Hausbewohnerinnen Figurprobleme und daher wir hatten nie etwas Süßes zu Hause. Und da ich eine von den zwei figurproblematischen war, wollte ich auch gar nichts Süßes zu Hause haben.

Ein paar Jahre später ließ ich mich aber doch zur einer Halloween Party überreden. Ich war eine Studentin und befand mich in der Blüte meiner 20iger Jahre. Damals hatte ich eine recht große Wohnung in meinem Elternhaus. Ein junger Mann aus meinem Freundeskreis überredete mich zu der Party, indem er behauptetete, dass er als Waldelf verkleidet erscheinen würde – nur mit einem Feigenblatt bekleidet. Das war ein Angebot, dass ich nicht ablehnen konnte! Er kam allerdings zu meiner Enttäuschung in einem körperbedeckenden Nachtgoblin-Kostüm.
Ich selbst hatte mich unmotiviert als Französin verkleidet, als ein neu hinzukommender Gast fröhlich verkündete, er habe eine französische Austauschstudentin mitgebracht. Im Laufe des dahinschwindenden Abends musste ich feststellen, dass diese Dame weder von meinem Outfit, noch von meinen holprigen Französischkenntnissen aus der Gymnasiumzeit angetan war.
Dann verzogen wir 2014 ins Waldviertel. Herbert und ich wohnten anfangs in einer Reihenhaussiedlung. Also wieder kein Entkommen vor kleinen Monstern auf Süßigkeitenjagd, die pausenlos an meiner Tür läuten. Eine Bekannte, die sich durch die neu eingeführte amerikanische Tradition genauso zwangsbeglückt fühlte wie ich, gab mir den Rat, alle Lichter abzudrehen, alle Jalousien zu schließen und so zu tun, als wären wir nicht zu Hause. Sie würde das auch immer machen. So saßen wir eine zeitlang in unseren finsteren, selbsterbauten Festung. Dann läutete das Handy und wir wurden zu einer Halloween Party meiner Schwiegereltern eingeladen. Im Haus der Schwiegereltern war uns das Treiben und das Klingelingeling egal, da es nicht an uns lag alle fünf Minuten die Tür aufzumachen oder Süßigkeiten zu horten.

Im Nachhinein betrachtet, bin ich es aber immer falsch angegangen. Ich hätte die Tür öffnen und auf die Forderung „Süßes oder Saures“ folgendes sagen sollen: „Wos siaß homma net. Außerdem is des eh so ungsund und ia vapickt’s eich nur in Mog’n vur’m Obendess’n. Do hobt’s a poar saure Ruam. Die san g’sund und söba g’mocht!“
(Dt.: Was Süßes haben wir nicht. Außerdem ist das sowieso nur ungesund und ihr verpickt euch den Magen vor’m Abendessen. Da habt ihr ein paar saure Rüben. Sie sind selbstgemacht!)
Und dann hätte ich ihnen ein Glas rote Rüben-Salat in die Hand gedrückt und die Tür wieder geschlossen.
Und die Moral von der Geschicht: Wo’s Sauers woll’n die Kinder nicht!